Um diesem Geheimnis auf die Spur zu kommen, muss man vorerst herausfinden wer zu den Besten gehört und warum?
Dieser Aufgabe widme ich mich seit 2006, als ich die Kessel-Methode erstmals präsentierte. Ein ganzheitliches Analyse -System gekoppelt an eine Bewertung, bestehend aus Kesseln und Blättern. Ca. 360 Kriterien gilt es zu bewerkstelligen, sowie 21 Kennzahlen zu erörtern. Der so entstandene Benchmark mit anschließender Bewertung dient seither als Kriterium für die Top 100 in der Gemeinschaftsverpflegung.
Obwohl sich die Kriterien und Kennzahlen bei Betriebsrestaurants, Krankenhausküchen oder Pflegeheimküchen leicht unterscheiden, ist der Weg zu den fünf Kesseln und Blättern (Öko-Faktor) der Gleiche.
Das Erste, was die Besten gemein haben, ist, dass sie sich freiwillig mit dem Vorsatz gemeldet haben kontinuierlich besser zu werden bis sie ihr Ziel von 20 Punkten (fünf Kesseln) erreicht haben. Einigen ist das innerhalb von vier Jahren, anderen innerhalb von sechs Jahren gelungen. Manch andere arbeiten noch daran. Die zweite Gemeinsamkeit besteht darin, dass bei diesen Betrieben das Management, der Verwaltungsdirektor oder die Heimleitung zu 100 % hinter dem Vorhaben gestanden sind und dadurch jegliche Unterstützung erhielten.
Als dritten Faktor möchte ich das Mitarbeiteressen ansprechen, das eine große Rolle bei der Motivation, Zufriedenheit und Gesundheit der Belegschaft spielt. Die Kreativität der Köche bei der Zusammenstellung des Speiseplans und kulinarischen Aktionen sorgen immer wieder dafür, dass die Mitarbeiter abschalten und kurz dem Stress des Alltags entgehen können. Das ist nicht nur bei Betriebsrestaurants wichtig, sondern ebenfalls im Krankenhaus. Krankenhäuser mit einem top Mitarbeiterrestaurant schneiden auch bei Patientenumfrage bezüglich des Essens wesentlich besser ab als jene, die lediglich eine Personalkantine aufweisen. Das liegt vor allem daran, dass Ärzte, Pflege und anderes medizinische Personal, bewusst oder unbewusst, stolz auf die gute Verpflegung sind und dies auch den Patienten vermitteln. Ein gutes Beispiel hierfür ist das Landesklinikum Hochegg, das bis dato als einziges Krankenhaus international mit fünf Kesseln ausgezeichnet wurde.
Das Mitarbeiterrestaurant „My Time“ ist modern, einladend und wartet immer wieder mit tollen Aktionen auf. Zudem bietet es den großartigen Bonus, dass sich die Mitarbeiter das Essen zum Mitnehmen bestellen können.
Vor kurzem wurde das Pflegeheim Kitzbühel erneut mit fünf Kesseln und fünf grünen Blattern (Öko-Faktor) bewertet. Die Metamorphose von einer durchschnittlichen Küche (2019) bis zur besten Küche Europas ist einzigartig. Wie das ging? Am Anfang stand der gemeinsame Beschluss des neuen Verpflegungsteams, bestehend aus Küchen- und Heimleiter, zu den Besten gehören zu wollen. So wurde als erster Schritt der Einkauf umgekrempelt. Dabei fielen Convenience Produkte weg und frische, regionale Produkte kamen auf die „Einkaufsliste“ was den Bioanteil von 0 % auf 27 % steigerte.
Als nächstes erhöhten sie die Anzahl an Fachkräfte auf 54 %. Neue Köche, ein neue Konditorin und viele Weiterbildungsmaßnahmen sorgten für ein gut funktionierendes Team. Der Wareneinsatz sank, die Produktivität stieg und die Qualität der Speisen wurde von allen Essteilnehmern gelobt. Das sprach sich herum und die Erlöse stiegen von € 20.000 auf € 190.000. Infolge sorgte eine neue Waschstraße für eine erhebliche Reduzierung der Reinigungsmittel und des Wasserverbrauchs.
So gibt es seit Einführung der Kessel-Methode in 2006 unzählige positive Beispiele im deutschsprachigen Raum, wo Betriebe durch Innovation, Motivation und Kreativität immer besser geworden sind.
Fazit
- Der gemeinsame Beschluss besser zu werden
- Fachkräfteanteil auf mindestens 50% erhöhen und kontinuierliche Weiterbildungsmaßnahmen anbieten
- Volle Aufmerksamkeit auf das Mitarbeiteressen legen
- Saisonalen, regionalen und biologischen Einkauf – wo immer möglich
- Monitoring des Fortschritts mit Unterstützung Kessel-Methode anhand der 360 Kriterien, 21 Kennzahlen und des Öko-Faktors
Jeder erfreut sich an einer guten Küche und meiner Meinung nach hat auch jeder Recht auf gutes Essen. Die meisten großen Cateringbetrieben wissen das schon längst und agieren dementsprechend. Nur die öffentlichen Krankenhäuser, Pflege-und Jugendheime haben hier einen großen Nachholbedarf.
Bei diesem Thema ist auch die Politik gefragt. Auf EU-Ebene wurde 2020 in Rahmen des „Green Deals“ die „Farm to Fork“ Strategie veröffentlicht. Die Ziele, die diese Strategie beinhalten, verfolgen wir schon seit Anbeginn der Kessel-Methode. Also eine einfache Möglichkeit, um die Nachhaltigkeit und Qualität unserer Ernährung zu bestimmen und zu verbessern.
Die „Farm to Fork“-Strategie (F2F) ist ein neuer umfassender Zehnjahresplan, der von der Europäischen Kommission veröffentlicht wurde, um den Übergang zu einem fairen, gesunden und umweltfreundlichen Lebensmittelsystem in Europa voranzutreiben. Es ist der erste ernsthafte Versuch der EU, eine Lebensmittelpolitik zu entwerfen, die für jede Stufe der Lebensmittelwertschöpfungskette, von der Produktion über den Vertrieb bis zum Verbrauch, Maßnahmen und Ziele vorschlägt, um die europäischen Lebensmittelsysteme nachhaltiger zu gestalten. Jeder EU-Mitgliedsstaat muss ihr folgen, indem er sie auf nationaler Ebene umsetzt und so zum Erreichen der EU-Ziele beiträgt.
Es geht aber nicht nur um die Umwelt, sondern um die Gesundheit der Menschen im Allgemeinen. Laut Dr. Sarah Schwitalla, schwedische Wissenschaftlerin (Biochemie und molekulare Medizin) und Autorin, sterben weltweit jedes Jahr 41 Millionen Menschen an den Folgen chronischer Krankheiten. Die allermeisten davon gehen auf das Konto falscher Ernährung.
„Jedes Jahr sterben 41 Millionen Menschen an den Folgen chronischer Krankheiten, das sind über 70 Prozent aller Todesfälle weltweit. Die allermeisten davon gehen auf das Konto falscher Ernährung. Jeder Mensch auf dieser Welt kann sich selbst retten und zwar dreimal täglich, ganz einfach mit Messer und Gabel.“ Dr. Sarah Schwitalla
Gerade die Akteure der Gemeinschaftsverpflegung können maßgeblich mitwirken, wenn es um die Gesundheit der Mitmenschen geht. Wer, wenn nicht Köche und Küchenmitarbeiter, sollte sich sonst um die geschmackvolle Umsetzung einer gesunden Ernährung kümmern?